Bereits kurz nach der Verleihung der Stadtrecht muss es in Schüttorf eine Schule gegeben haben. So wird in einer Urkunde aus dem Jahr 1316 ein Rector Scolarum mit Namen Johannes erwähnt. Er war, so wird allgemein angenommen, in einer städtischen Hohen Schule beschäftigt. In den Landgemeinden, die zum Schüttorfer Kirchspiel gehörten, sah das hingegen etwas anders aus.
DAS LAND WAR OFT LEHRERFREIE ZONE
In Samern, Suddendorf, Ohne, Quendorf, Wengsel und Neerlage gab es bis zum Ende des 17. Jahrhunderts keine Schulen. Die reichen Bauern hatten für ihre Kinder meist Privatlehrer engagiert oder schickten sie auf eine Schule nach Schüttorf. Die nicht so reichen Bauern, Heuerleute und Tagelöhner konnten sich so etwas kaum leisten. Denn damals war es üblich, Schulgeld zu bezahlen. Die Kinder der Heuerleuten und Tagelöhnern mussten zudem als unverzichtbare Arbeitskräfte zum Unterhalt der Familie beitragen. Erst 1694 beschloss der Kirchrat des Schüttorfer Kirchspiels, dass „vor die drey bauerschaften quendorf, wengsel und niederlage (Neerlage), vor die Kleinen Kinders, die so weit nach der Stadt nicht gehen können, ein guter Schulmeister verordnet und angestellt werde“. In Ohne war um 1720 ein gewisser Johann Pieter Sunders als Lehrer tätig. Einige Jahre später hatte auch Samern einen Lehrer.
JEDEN TAG WURDE WOANDERS UNTERRICHT
In den meisten Landgemeinden gab es in der Zeit aber keine Schulgebäude. Deshalb wurde der Unterricht reihum bei den verschiedenen Bauern der Gemeinde in den Wohnräumen abhalten. Diese Schulform nannte man deshalb auch Reiheschulen. Obwohl die Schülerzahlen in den Landgemeinden recht gering war, denn das Schulgeld konnte sich bei weitem nicht jeder leisten, konnte von einem gelehrigen Unterricht in den Wohnstuben kaum die Rede sein. Das normale Leben ging ja auch bei den Bauern, die mit der Schule an der Reihe waren, munter weiter. Und die Wohnstube war der Raum, wo sich das Leben abspielte, zumal er oft nur der einzige beheizte Raum war. Auch die Lehrer hatten nur selten eigenes Haus, sondern wohnten für ein paar Tage oder Wochen bei einem der Bauern, dessen Kinder er unterrichtete, dann musste er zu nächsten weiterziehen. Meist wurden sie im kleinsten Zimmer oder auch nur in einem Butzenbett untergebracht.
ERST IM 18. JAHRHUNDERT WURDEN SCHULEN GEBAUT
Kein Wunder, dass recht bald in den Landgemeinden der Wunsch nach einem eigenen Schulgebäude aufkam, am besten gleich mit einer Lehrerwohnung dran. Das erste kleine Schulhaus auf dem „platten Land“ wurde um schon um 1700 in Drievorden gebaut, die anderen Gemeinden folgten Jahre später, so z. B. Samern im Jahr 1778 und um 1800 errichtete man eine Nebenschule, so hießen die Schulen in den Landgemeinden, in Suddendorf. In Ohne unterrichte der Lehrer, der auch Küster war, die Kinder in seiner Küsterwohnung.
VOM LOHN WURDE DER LANDLEHRER KAUM SATT
Lehrer in einen Landgemeinde war zudem ein echt schlecht bezahlter Job. Sie erhielten ihren Lohn aus dem Schulgeld, das die Eltern der Schüler*innen zu bezahlen hatten. Da es aber in den Gemeinden nur wenige Schüler*innen gab, kam da auch nur wenig Geld zusammen. Auch nahmen in den Sommermonaten kaum Kinder am Unterricht teil. Denn bei der Ernte wurde jede Hand gebraucht.
Der Lehrerlohn reichte kaum, um richtig satt zu werden. Die betuchteren Bauern hatten immer noch ihre Privatlehrer, und die übrigen konnten sich ein hohes Schulgeld einfach nicht leisten. Um trotzdem die Lehrer im Dorf zu halten, griff man auf den alten Brauch des Reihetisches zurück. Der Lehrer wurde reihum bei den Eltern der Schüler*innen am ihrem Esstisch verköstigt. Sie waren verpflichtet, dabei mit zu machen. So kamen die Lehrer nur so gerade eben über die Runden. Diese „Reihetische-Bezahlung“ gab es bei uns noch bis weit in 19. Jahrhundert hinein.
LEHRER OHNE AUSBILDUNG
Kein Wunder also, dass nur in sehr wenigen Ausnahmefällen gut ausgebildete und qualifizierte Lehrer einen Job als Landgemeinde-Lehrer annahmen. Viele waren Quereinsteiger, die ihrer bisherigen Arbeit nicht mehr nachgehen konnten oder sich im Winter ein Zubrot verdienen wollten. So hieß es in einer Schulchronik von 1872: Wenn „der Herbst beziehungsweise der Winter sich einstellte, so wurde in der Gemeindeversammlung zur Sprache gebracht, dass wieder ein neuer Lehrer zu wählen sei. Die Kenntnisse bei einem Lehrer waren genügend, wenn er ziemlich gut schreiben, in der Bibel lesen und etwas Rechnen konnte.“
Nur vereinzelte hatten Landlehrer einen „richtige“ Ausbildung. Viele zeigten trotz der miserablen Bezahlung und Lebensbedingungen aber ein großes Engagement bei der Erziehung der Kinder.
Quellen: u.a. Der Grafschafter 2003 und 2005, Elke Bischop Stentenbach, Die Volksschule in Neerlage, Friesische Heimat, 1. März 2019
Fotos: Stadtarchiv Schüttorf, Heimatverein Schüttorf, privat